Die gemachte Metropole

Hamburgs Stadtentwicklung hat sich seit etwa 10 Jahren einem unerschütterlichen Wachstumsglauben verschrieben. Die Stadt boomt und produziert am laufenden Band good news, neue Symbole und symbolische Politik, um noch mehr Aufmerksamkeit im globalen Standortwettbewerb zu erreichen. Eine 2006 im Hamburgischen Architekturjahrbuch veröffentlichte Beschreibung der medialisierten Planungskultur Hamburgs, die heute mehr denn je die Stadtentwicklung prägt.

1. Beobachtungen
Eine Stadt wird zum Hochglanzprodukt

Der Kamerablick gleitet über die Dächer. Grau und schwer liegt die Luft auf den berußten Fassaden. Bilder einer winterkalten Arbeiterstadt am trägen Fluß, vielleicht Nordengland oder Ukraine. Es ist das Hamburg der späten siebziger Jahre in Wim Wenders Film „Der amerikanische Freund“. Ein Dokument des Stadtwandels. Der Fischmarkt als weite, öde Fläche, Nachkriegsstaub in den Straßen und verfallene Reedervillen an der Elbchaussee.
Sie erscheinen Lichtjahre entfernt vom heutigen Hamburg, die Szenen des kaum dreißig Jahre alten Films, wie aus einer längst vergessenen Stadt. Die grauen Schatten des industriellen Hafens lasten noch spürbar schwer auf der Szenerie. Nichts von der glänzenden High-Tech-Welt des globalisierten Containerhubs, China schläft noch und der eiserne Vorhang ist fest zugezogen. Eine Stadt, die schon länger auf die Renovierungstrupps zu warten scheint.
So schnell ändern sich die Dinge: Das Grau ist seit Jahren aus dem Bild der Stadt verschwunden. Weiß strahlen heute die Putzfassaden, ehrgeizig glitzern die gläsernen Primärgeometrien der neueren Hamburger Immobilien und jeder Backstein scheint einzeln poliert – zumindest in den besseren Lagen.
Hamburg gibt es nur noch in Farbe. Gut gelaunte Touristenströme wandern durch die vormittäglich aufgeräumte City, suchen nach den telegenen Ansichten, die seit Jahren als klischeehafte Kulissen für Fernsehfilme herhalten: Ein wenig Hafen, die Speicherstadt, moderne Medienarchitektur und ehrwürdige Villen in sattem Grün, immer in Sichtweite des nächsten Wasserlaufs.
Drehort, Touristenmagnet und Wirtschaftszentrum: Hamburg erlebt heute seinen dritten Aufmerksamkeits-Boom innerhalb von fünfzehn Jahren – nach der Maueröffnung, durch den die Stadt ihr altes Hinterland zurückbekam und nach dem new-economy-hype herunterladen. Vielleicht ist es diesmal ein Dauerhoch, das ortsfest über der baltic sea region mit seinen osteuropäischen Wachstumsmärkten ankert, in seiner vollen Kraft heute nur leicht getrübt durch die deutsche Krise, von der sich die Hansestadt ansonsten erfolgreich fernzuhalten scheint – wie schon in früheren Jahrhunderten, in denen man sich vornehm aus so manchem deutschen Getümmel heraushielt.
Hamburg wächst. Die Stadt ruft es laut heraus und die Republik glaubt es. Welt, Stern, Spiegel, GEO – alle singen das Lied der wiedererwachten Schönen im Norden, des unerhört boomenden Containerhafens, der telegenen Medien- und Lifestyle-Metropole.
Während sich der Rest des Landes in trüben Schrumpfungsphantasien ergeht, setzt Hamburg konsequent und unbekümmert auf Wachstum – mit einer politische Chuzpe, die bei Demografen und Standortexperten ungläubiges Staunen und bisweilen Kopfschütteln hervorruft, die aber ihre Ziele zu erreichen scheint: Hamburg wandelt sich von der mit Strukturwandel kämpfenden lame duck zur heißen Metropole eines nach globaler Wettbewerbsfähigkeit strebenden Europas. Bis vor kurzem noch dümpelte Hamburg in den Standort-Rankings deutlich hinter der Spitzengruppe deutscher Städte; inzwischen gilt sie als Deutschlands dynamischste Metropole – mit dem höchsten BIP und der größten Zufriedenheit pro Einwohner. Illustrieren die neuen Bilder und Symbole nur diesen Boom, oder sind es nicht auch die penetrant wiederholten Wachstumsbeschwörungen und medialen Inszenierungen, die sich ihre eigene Realität schaffen?
„Feuer und Flamme für Olympia“, „Sprung über die Elbe“, „Wachsende Metropolregion“, „Europas größtes Stadtentwicklungsprojekt“ – das ansonsten so zurückhaltende hansea-
tische Establishment hat sein traditionelles Understatement aufgegeben und gibt sich in Kampagnen, Visionen und Superlativen einem Selbstbewusstsein hin, das an die besten Zeiten des breitschultrigen Bayerns erinnert.
Möglicherweise ist es erst die suggestive Kraft dieser neuen Hamburger Architektur- und Städtebauvisionen, der Elbsprünge und Bauausstellungen, die den Optimismus befeuert. Die Stadt schafft sich in einem rasantem Tempo die neuen Symbole, in denen der Boom wohnen soll. Wir bauen, also sind wir – Städtebau und Architektur werden zum Vehikel einer Metropolisierung, die keine Kosten und Mühen scheut. Und das in einer Stadt, die für kühles Rechnen bekannt ist.
Wie konnte es zu einem solchen Mentalitätswechsel kommen?

2. Erklärungsversuche
Neue Symbole für den Standortwettbewerb

Es ist nicht lange her, dass man als Hamburger Architekt oder Stadtplaner neidisch auf die Stadtentwicklungsprogramme und Bauaufgaben andernorts schaute. Kopenhagen, München, Barcelona: Hier wurden Großflughäfen gebaut, Messen verlagert, Infrastruktur ausgebaut, wurde auf fast schon unredliche Weise um Konzernsitze gebuhlt – siehe das Tauziehen um den Universal-Sitz zwischen Hamburg und Berlin. Allerorten klinkte man sich in den Strom der Globalisierung ein, der auch ein Konkurrenzkampf um Aufmerksamkeit ist – mit den entsprechenden grand projets als Attraktionen und Symbole für die volatile Kaste der High Potentials app downloaden op ps3.
Hamburg hingegen: Ein wenig „Hoch im Norden“ und „Tor zur Welt“ zwischen St.Pauli, Michel, Alster, Hafen und Dom – eine zwar weltoffene, aber wenig globalisierte Millionenstadt ohne echte global player. Auf den Landkarten der Globalisierung erschien Hamburg neben München, Frankfurt oder Düsseldorf meist als nachgeordneter regional hub; Deutschlands immerhin zweitrgößte Stadt ist bis heute nicht einmal Sitz eines DAX-Unternehmens.
Die Stadt schien nach dem kurzen Maueröffnungsboom festzustecken, sowohl ökonomisch als auch, was ihr symbolisches „Versprechen“ betraf. Während Städte wie Amsterdam oder Kopenhagen sich längst als diversifizierte Stadtregionen neu im globalen Standortwettbewerb aufstellten und neben den sorgsam gepflegten touristischen Images der Kernstädte an ihren dynamischen Peripherien begonnen hatten, das Bild einer smart global city aufzubauen, fehlten in Hamburg die Symbole, die im Standortwettbewerb als „Assets“ zählen: Kein Großflughafen, keine überregional bedeutenden High-Tech-, Biotech- oder Business-Parks mit Autobahnanschluss, ein provinzielles Messegelände, kaum bedeutsame Forschungseinrichtungen, nicht einmal die selbst in München zwischenzeitlich für unvermeidlich gehaltenen Hochhäuser. Und in der andernorts zum Boom-Träger gewordenen „Zwischenstadt“ Hamburgs herrschte das Lokstedt-Prinzip: verschlafene Vorstädte, eine wenig metropolitane Infrastruktur und eine kleinstaatlerische politische
Grenzziehung, die jede dynamische Entwicklung an den Rändern der Stadtregion unmöglich machte. In einer Mischung aus Traditionalismus, Selbstzufriedenheit und Visionsarmut drohte Hamburg, mit seinen leicht staubigen Raumbildern den Anschluss an den immer dynamischeren Standortwettbewerb zu verpassen.
Auch architektonisch galt das alte Programm: Viel Klinker und provinzielles Mittelmaß, während andernorts längst der Zug der Event-Architektur angerollt war. Architektur war zum Marketingfaktor geworden – ob man das gutheißen möchte, steht auf einem anderen Blatt. Doch die Realität im Standortwettbewerb hieß: Bilbao-Effekt, Bauen als Symbolproduktion; sogar Hannover bekam „seinen Gehry“. In Hamburg zehrte man hingegen noch lange vom Erneuerungsschub der achtziger Jahre, von den allmählich in die Jahre kommenden Citypassagen, einer Perlenkette mit großen Lücken und der immer löchrigeren Hafenkulisse. Aber urbane Visionen, mit denen die Stadt fit für den schärfer werdenden Standortwettbewerb würde? Die kreativen Bauforen der achtziger Jahre blieben Fingerübungen auf dem Papier. Statt dessen: Kehrwiederspitze, Millerntor, Allermöhe und ein City-Airport noch immer ohne Bahnanschluss – wohl kaum die Strahlkraft, mit der man auf den wichtiger werdenden Immobilienmessen punkten konnte app store mac.
Vielleicht kam der Mentalitätswechsel der Hamburger Stadtentwicklungspolitik mit der Hafencity, diesem seinerzeit längst überfälligen Schritt auf die innenstadtnahen, brachgefallenen Hafenflächen. Plötzlich war in der Stadt eine Lust an der Vision zu spüren. Auch wenn die Begeisterung durch die allzu pragmatischen ersten Schritte des Stadtteils und die darauf folgende Nörgelei zwischenzeitlich abgeebt war – mit der Elbphilharmonie, Hamburgs zeichenhaftestem und unvernünftigstem Bauwerk hat sich die Lust an der Selbstinszenierung zurückgemeldet. Im traditionell pragmatischen Hamburg gibt es einen neuen Hunger nach Symbolen, der sich auch über stärkste pfeffersäckische Bedenken hinwegsetzt.
Sicher ist der heute zu beobachtende Schwenk der Hamburger Stadtentwicklung hin zur Symbolpolitik auch Folge eines allgemeinen politischen Trends – sei es in der Raumordnung wie auch in der Sozial- und Wirtschaftspolitik. Nicht mehr Ausgleich ist das alleinige Gebot der Stunde, sondern das Stärken der Starken. Weg von der Gießkanne und hin zu den Leuchttürmen: Polarisierung muss in gewissem Maße hingenommen werden. Seit einigen Jahren wird diese Diskussion geführt, die nicht weniger als den Abschied von der Gleichwertigkeit der Lebensbedingungen und damit eine komplette Neuorientierung der Raumordnungspolitik in Deutschland bedeutet. Auf den Punkt gebracht: Viele schrumpfen, wenige wachsen, nun rette sich, wer kann. Auch für Hamburg stellt sich die Frage, wo die Reise hingehen soll: aufwärts, seitwärts oder abwärts?
Mit dem Leitbild der „Wachsenden Stadt“ hat sich die Stadt selbst beim Zopf gepackt und auf die Seite der Starken geschlagen. Deutlicher konnte der Wille kaum formuliert werden, die Herausforderungen des globalen Standortwettbewerbs anzunehmen und sich mit Hilfe der entsprechenden Symbole als internationale Metropole zu positionieren – Kollateralschäden eingerechnet.

3. Zweifel
Kann man eine Metropole konstruieren?

Für viele Fachleute, die den Ideen der Nachhaltigkeit und des Ausgleichs verschrieben waren, musste es fast unanständig wirken, das Bekenntnis zum Wachstum, das 2002 kurz nach dem Sturm der CDU auf die Hamburger Regierungsbänke mit dem Leitbild der „Wachsenden Stadt“ ausgegeben wurde.
So ließ auch die öffentliche Kritik nicht lange auf sich warten – und die Relativierung der Ziele. Nicht demografisches Wachstum sei gemeint, sondern qualitatives – aber das Bild und seine symbolischen Implikationen waren längst nicht mehr zurückzuholen. Leitbilder, besonders derart einprägsame, haben nun einmal ihre Eigendynamik.
Von Anfang an war klar: Es geht vor allem um ökonomisches Wachstum, um einkommensstarke Bevölkerrungsgruppen, für die sich die Stadt nun fein machte – kein illegitimes Ziel in Zeiten eines schärfer werdenden globalen Wettbewerbs.
Aber dennoch musste man sich fragen: Kann man Wachstum – ökonomisches oder demografisches – tatsächlich lokalpolitisch induzieren, in Zeiten, wo alle Welt vom Verlust der politischen Steuerungsmöglichkeiten spricht download whatsapp profile photos? Besonders im Osten des Landes musste das Leitbild weltfremd erscheinen, wie ein Pfeifen im Walde, war man doch selbst nur von Schrumpfung und Ohnmacht gegenüber den Strömen der Globalisierung umgeben. Und nun will Hamburg wachsen? München vielleicht, Mailand, Barcelona oder die Metropolian Area Seattle mit ihren jährlich mehr als 30.000 Einwohnern Bevölkerungszuwachs. Diese Städte liegen mittendrin in den Strömen der Globalisierung. Aber Hamburg – die Stadt, die lange nicht einmal interkontinentale Direktflüge bieten konnte? Nur allzu leicht war man versucht, das Konzept der „Wachsenden Stadt“, bei dessen Formulierung auch die renommierte Unternehmensberatung McKinsey mitgewirkt hatte, als wirtschaftskonservatives Wunschdenken abzutun. Die Stadt als Gegenstand von Unternehmensberatern, das schien geradezu unseriös – genauso wie der Wunsch, Hamburg zur Metropole zu machen. Denn Metropole ist man – oder nicht. Hamburg trägt den Begriff der Metropole etwas zu oft im Munde. In den „echten“ Metropolen mag man lächelnd schweigen.
Plötzlich heißt sogar die Stadtregion „Wachsende Metropolregion“, dabei ist nicht einmal klar, was das Begriffskonstrukt transportieren soll. Eine metropolitane Kernstadt, die sich regional vernetzt? Michel plus Dithmarschen? Das Standortmarketing greift wahllos in das Regal der Stadtmythen und Raumkategorien, mischt sie durcheinander, ohne den Gegenstand der Ettiketierung auf seine Eignung für den Titel zu prüfen. Nicht nur Hamburg, wo die Metropolisierung der Raumbilder noch als plausibel durchgehen kann, setzt auf diesen Zug. Welche absurden Blüten der Versuch, Metropolitanität zu konstruieren mitunter treibt, kann zur Zeit auf der bundesraumordnerischen Ebene besichtigt werden: Selbst Osnabrück und Göttingen sind jetzt Metropolregionen und geben damit ein gernegroßes Bildversprechen, dass sich durch seine Inflationierung ad absurdum führt. Denn Metropolen kann es nur wenige geben, das ist dem Begriff eingeschrieben. Wenn alle Großstädte
Metropolen sind, dann verliert der Begriff als Zugpferd im Standortmarketing seine Wirkung.
Bei allen Zweifeln an der Kostruierbarkeit von Metropolitanität und ökonomischer Dynamik – die Strategie der „Wachsenden Stadt“ mit ihrem Mix aus Wachstumsorientierung und Imageproduktion scheint heute aufzugehen.
Denn stetes Inszenieren höhlt den Stein. Wer soviel feiert, muss einen Grund haben. Propaganda nannte man das einmal – heute ist die mediale Konstuktion von politischen Realitäten ein legitimes Mittel im Standortwettbewerb katzen spiele zum herunterladen. Denn wer nicht laut trommelt, überlässt den anderen das Fell.
Inzwischen hat die ökonomische Realität die inszenierten Bilder eingeholt.
Zwar wächst Hamburg demografisch kaum, aber ökonomisch scheint die Stadt so gut aufgestellt wie kaum eine andere in Deutschland. Die neuen Zugpferde sind größteneils die alten: Hafen, Logistik, Luftfahrt, nur dass Hamburg mit diesen „Assets“ so gut vom China- Boom profitiert wie kaum eine andere Stadt. Das Tor nach China zu sein, allein dies ist schon Garant für das mediale Echo, das gar nicht hoch genug eingeschätzt werden kann – als Kapital im Konkurrenzkampf um Aufmerksamkeit, den die Globalisierung den Stadtregionen aufzwingt.

4. Erkenntnisse
Die Hülle formt den Gegenstand

Offen bleibt die Frage nach der Henne und dem Ei: Ist der neuere Hamburger Höhenflug nun Folge einer strategisch klugen Wachstumspolitik, die auf die richtigen Themen gesetzt hat und sich nicht gescheut hat, das Thema „Wachstum“ groß auf die Fahnen zu schreiben? Oder ist der Aufmerksamkeitsboom der Hansestadt nicht vielmehr das Resultat der beschriebenen politischen Autosuggestion – zuvorderst durch das Leitbild der „Wachsenden Stadt“, aber auch durch die vielen symbolischen Projekte der Hamburger Stadtentwicklungspolitik? Ist der Hamburger Boom einem geopolitischen Zufall geschuldet – der ÖffnungOsteuropas als Hamburgs neuem Hinterland – oder kann ein Leitbild wie das der „Wachsenden Stadt“ tatsächlich eine solche Kraft entfalten, dass es den für unkontrollierbar geltenden Strömen der Globalisierung eine neue Richtung aufdrängt?
„Wir werden wachsen solange wir es nur wollen“ – Das wäre in der Tat ein Rezept für ganz Deutschland. So unseriös die Idee einer autosuggestiven Wachstumspolitik und Metropoleninszenierung auf den ersten Blick erscheinen mag, so leuchtet dennoch ein, dass eine solche Politik funktionieren kann – wenn man die „Wachsende Stadt“ mit ihren symbolpolitischen Ablegern und Folgeprojekten als typisches Produkt einer „Ökonomie der Zeichen“, wie sie die Soziologen Lash und Urry beschreiben, versteht. Immer weniger kommt es heute auf den materiellen „Tauschwert“ des Standorts an, auf seine „harten“ Benchmarking- Daten und Ausstattungsmerkmale. Immer mehr zählt dagegen der symbolische Wert, der Distinktionsvorteil für den Stadtkonsumenten, der in bezug auf Standorte im wesentlichen
über Images, gebaute Symbole und symbolische Handlungen transportiert wird. Der alte Vorwurf an die Imageproduktion – der Schein bestimmt das Sein – wird zur Grundregel der Ökonomie der Zeichen. Man mag dies ablehnen, zu ändern ist es kaum – es sei denn, man verweigert sich dem Spiel des Standortwettbewerbs.
Der Massenkonsum kennt dieses Phänomen bereits seit längerem, der Stadtkonsum im Zeitalter der Globalisierung funktioniert nicht anders. Vom internationalen Tourismus bis zu den global agierenden Eliten: Die Zielgruppen im Standortwettbewerb haben ihre Erwartungshaltungen – und die bedient die Hamburger Stadtpolitik mit ihrer Bild- und Symbolproduktion zur Zeit auf virtuose Weise Download programs for free. Es geht um die „Assets“ des Metropolitanen, um das Versprechen von Zentralität, ganz so, wie es die Stadtkonsumenten von anderen Orten her gewohnt sind. Und es geht um eine visionäre Stadtentwicklungspolitik, gleichsam als Option auf die Zukunft, die den Marktwert des Standorts befeuert – materialisiert durch eine Architektur, die sich mehr über ihren Symbol- als über ihren funktionalen Wert bestimmt. All das erinnert an das spekulative Spiel an den Aktienmärkten. Würde Hamburg an der Börse gehandelt, hätte die Stadt sicher ein hervorragendes Rating, bei diesen im wahrsten Sinne des Wortes blendenden Gewinnerwartungen.
Hamburg bemüht sich redlich, neue Versprechen zu geben und weltweit sichtbar werden. Kaum Zeit zum Durchatmen – so schnell wechseln in Hamburg die Themen und Foci. Überseezentrum, Elbphilharmonie, Chicago-Square, Architektur-Olympiade – es geht Schlag auf Schlag voran. Immer neue Bilder für den Standortwettbewerb, jedes Projekt wird zum neuen Vehikel für das Stadtmarketing, zum Neuigkeitswert im Kampf um Aufmerksamkeit. Mit allen Risiken und Nebenwirkungen, die eine solche Symbolpolitik mit sich bringt.

5. Gefahren I
Die Stadt macht sich selber Konkurrenz

Stadtplaner wissen schon lange: Die mit „Wachsender Stadt“, IBA, IGS und den „neuen Symbolen“ verfolgte Doppelstrategie von Festivalisierung und Steuerung von Stadtentwicklung durch Großprojekte hat zwei Seiten. Sicher schafft es eine solche als „Fokussierung“ von Stadtentwicklung bezeichnete Strategie, Akteure auf gemeinsame Ziele einzuschwören und zusätzliche Ressourcen zu mobilisieren – so die planerische Theorie. Leicht aber wird aus der gut gemeinten Konzentration von Ressourcen zum Gemeinwohl aller ein reines Spektakel ohne nachhaltigen Nutzen für den Spielort. Der bezifferbare Effekt der Olympischen Spiele beispielsweise ist in der Fachwelt durchaus umstritten. Noch fehlen speziell für die sozialen Effekte verlässliche Auswertungen, aber der Eindruck deutet auf ein Strohfeuer, das zwar kurzfristig Aufmerksamkeit schafft, die Standorte aber mehr kostet, als es ihnen nützt. Bleibt zum Schluss nur der Imagegewinn? Im Rennen um die Aufmerksamkeit wäre das immerhin ein wichtiger Teilerfolg.
Die Risiken einer symbolorientierten Stadtpolitik reichen aber noch weiter. Die Ressourcen, die das Rennen um Aufmerksamkeit kostet, könnten der Stadt an anderer Stelle fehlen. Dies ist sicher keine Argumentation, mit der man im Standortwettbewerb punkten
kann download videos on instagram. Allerdings: Wenn die Kohäsion der Stadt – der innere Zusammenhalt – durch ein Zuviel an Fokussierung aufs Spiel gesetzt wird, dann schadet dies auch dem Marktwert des Standorts – Neukölln und die Pariser Banlieu lassen grüßen.
Gewachsen wird immer auf Kosten eines anderen Ortes. Die Leuchtturmprojekte der „Wachsenden Stadt“ bearbeiten nur die Vorderseite der Medaille. In Wahrheit gibt es längst mehrere Hamburgs, hat sich die Polarisierung quer durch die Stadt gefressen. Billstedt, Hamm-Süd, Harburg – die vergessenen Stadtteile kommen auf der Karte der „Wachsenden Stadt“ nur am Rande vor. Dort gärt es weiter, da helfen alle Elbphilharmonien nichts. Eine „Stiftung Wilhelmsburg“ als Ergänzung zur lobenswerten Mobilisierung von Privatkapital für die Elbphilharmonie wäre eigentlich überfällig.
Mit seiner dichten Sequenz von Stadtentwicklungsevents und Terraineroberungen öffnet Hamburg zur Zeit neue Fässser gleich reihenweise. Aber wieviele Hafencities verträgt die Stadt? Ab wann beginnt die Stadt, sich selbst zu kannibalisieren, indem immer neue „Raumprodukte“ den bestehenden Lagen Konkurrenz machen? Im Sinne einer gesamtstädtischen Strategie müssten die großräumigen Konkurrenz- und Verdrängungseffekte viel stärker als bisher erforscht werden. Denn wie jede Stadt funktioniert auch Hamburg wie ein System kommunizierender Röhren. Was man an der einen Seite errichtet, nimmt an anderer Stelle den Druck weg. Bereits die Hafencity droht das fragile Marktgefüge der Stadt aus den Fugen zu heben. Auch wenn die Planer beteuern, dass es sich um ein dringend benötigtes Komplementärangebot zur City handelt, der Konkurrenzdruck wächst. Der Spiegel-Verlag macht den Sprung über die Fleete in die HafenCity und Unilever, einer der wichtigsten internationalen Großkonzerne Hamburgs, denkt ebenfalls laut über eine Standortverlagerung nach. Und wenn noch dazu der Kleine Grasbrook, Hamburgs größtes innerstädtisches Flächenreservoir erschlossen wird, beginnt dann die Abwanderung aus der City Süd? Oder gar aus der gerade erst bezogenen Hafencity?
Die Vermietungsschilder nicht nur in der Innenstadt werden wahrscheinlich noch lange das Straßenbild der „Wachsenden Stadt“ prägen adressbuch herunterladen outlook 2013.

6. Gefahren II
Alles Marketing?

Im Frühjahr 2006 war es endlich so weit: Hamburg hat Florida entdeckt. Richard Florida, den schillernden Stadtsoziologen aus den USA, der mit seinen Thesen zur „Creative Class“ in den USA und im europäischen Ausland schon seit 2001 Aufsehen erregte. Die Essenz: soft skills matter – auf die weichen Standortfaktoren kommt es an – im Konkurrenzkampf um die Wissensarbeiter, die tragende Säule der Ökonomie von morgen. Nicht so sehr die vom Mainstream der Immobilienwirtschaft und von der Wirtschaftsförderung umworbenen white collars, sondern die urban bohemians und Pioniere bilden Florida zufolge den Treibsatz für ökonomische Innovation. Und die zieht es in die sogenannten „Creative Cities“ mit ihrem Mix aus Talent, Technology und Tolerance. Plötzlich geht es um den vielzitierten „Gay Index“ statt um „hochwertige innerstädtische Immobilienangebote“.
Ist die „Wachsende Stadt“ für diese Wendung im Standortwettbewerb gerüstet? „Wo gehen die Ideen hin?“ Fragte selbst das nicht unbedingt als Sprachrohr der Kreativen verdächtige Hamburger Abendblatt mit leicht besorgtem Unterton.
Auch die Hamburger Opposition hat Floridas Thesen – reichlich spät – aufgegriffen und sich in Position gebracht: Die SPD mit ihrem Programm der „Menschlichen Metropole“, die Grünen mit Ihrer Strategie „Hamburg hoch x“. Beides Reaktionen auf die drohende Eindimensionalität des Wachstums-Leitbilds, beides Versuche, eigene Gegenbilder zur „Wachsenden Stadt“ zu etablieren. Allerdings: das Programm der SPD kommt über politische Allgemeinplätze nicht hinaus und die Grünen springen allzu unkritisch auf den Florida-Zug auf. Ein wenig mehr Konkretion in Form konkreter Projekte für konkrete Orte wäre wünschenswert.
Florida hat, wie es scheint, den Finger in die Wunde der „Wachsenden Stadt“ gelegt: Wachstum mag zwar das Ziel sein, als Mittel auf dem Weg zur internationalen Metropole muss es aber mehr geben, als immer neue Flächen und Adressen bereitzustellen. Hardwareplanung ist die eine Sache – auf die Software kommt es an, auf Lebensqualität, Vielfalt und Offenheit.
Man muss nur nach München sehen, um festzustellen, dass man nicht von Wachstum reden muss, um Wachstum zu erzielen: Seit Jahren hat sich die Stadt mit Ihrem Leitbild der „kompakten durchgrünten Metropole“ auf eine vergleichsweise weiche, klassisch-stadt- planerische Strategie ohne Marketingappeal festgelegt. Dennoch und vielleicht gerade deshalb ist München Deutschlands am höchsten bewertete „global city“ – authentische Lebensqualität als wichtigster Distinktionsvorteil Download powerpoint program for free?
In Hamburg, der Stadt, die sich ganz dem Aufmerksamkeitsrennen verschrieben hat, hat das Authentisch-Lokale dagegen einen schweren Stand. Hamburgs Planer und Architek- ten können ein Lied davon singen: Kaum ein bedeutender Architekturwettbewerb mehr ohne internationale Stars, schließlich möchte man seine Immobilie global vermarkten. Eine lokale Elite, die in der Welt mitspielt – immerhin auch ein Asset im Standortwettbewerb – fördert man so nicht. In der Architekturszene wiederholt sich so, was als Legionärsproblem für die deutsche Fußballmisere verantwortlich gemacht wird. Für die Symbole jedenfalls sind weitgehend die Champios-League-tauglichen Namen mit Zugpferd-Charakter zuständig.
Zum Beispiel Chicago-Square: Selten war der Wille, Aufmerksamkeit um jeden Preis zu erzielen, deutlicher zu spüren. Ein Star-Architekt (Jahn) soll die Idee des Hochhauses nach Hamburg bringen – heraus kommt ein absurdes Formenspiel, das nicht einmal faszinieren- de Bilder hervorbringt. Das hätte so mancher Hamburger Kollege besser gekonnt – leider haben die nicht den nötigen Namen.
Eine solche Abziehbild-Metropolisierung läuft der Logik der „Creative Cities“ zuwider. Mit derselben Vehemenz, mit der auf solche Großprojekte gesetzt wird, muss die Stadt auch den Raum für das Experimentelle, für das Unkalkulierbare kultivieren, muss sie die nötigen Nischen schaffen für die Pioniere von heute, die Entscheider von morgen.
Hier herrscht noch jede Menge Handlungsbedarf. Wo ist die Architektur-Olympiade, die ohne Vorgaben wirklich neue Ideen einfordert und eine breite Teilnahme aller Interessier- ten ermöglicht, statt den Zugang und die die Gedanken wie bei einem Architekturwettbewerb durch Büroauswahl, Grundstückszuweisungen und programmatische Vorgaben einzuengen? Hier scheint es weniger um die Produktion von Innovation, als um kalkulierbare neue Bilder für den Standortwettbewerb zu gehen.
Besonders der „Sprung über die Elbe“ – immerhin der zentrale Baustein der „Wachsenden Stadt“-Strategie – muss den Anspruch, Experimentierfeld zu sein, noch einlösen – gerade auf dem Grasbrook, dem ersten und sichtbarsten Schritt in den Hamburger Süden. Hier, an der Nahtstelle der Innenstadt zum multikulturellen Wilhelmsburg, müsste ein Stadtteil entstehen, der zwischen den sich fremden Stadtkulturen der HafenCity und Wilhelmsburgs vermittelt – eine echte Vision für eine Stadt, die ihre Polarisierung produktiv wendet. Aber die bisherigen Ideen für diesen Ort sehen eher nach Hafencity II aus, lassen eher vermuten, dass der ökonomische Verwertungsdruck, der auf diesen zentralen Flächen lastet, hier den Bleistift führen wird. Eine „Creative City“ zu sein hieße, solche Filetstücke der Hamburger Stadtentwicklung für mehr Spontaneität und Experiment zu öffnen app musiken offline hören. Momentan ist diese Vision, die ein wichtiges Vesprechen an die eigentlichen Zielgruppen im „Creativity“- Standortwettbewerb sein könnte, noch nicht in Sicht.

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